Der zweite Abend während meines Aufenthalts in der Traube Tonbach hielt einen ganz besonderen Event bereit: Ein Six Hands Dinner, angeführt und initiiert vom Küchenchef des Restaurants 1789, Florian Stolte. Gemeinsam mit den beiden Freunden und langjährigen Weggefährten Christian Kuchler (Restaurant Taverne zum Schäfli, Wigoltingen, 2 Sterne) und Stefan Heilemann (Restaurant zum Widder, Zürich, 2 Sterne) wurde ein Menü in sechs Gängen serviert.
Eine extrem gute Gelegenheit einen Blick auf die Schweizer Sterneküche – und deren Köche zu werfen!
Wir starten in das Menü mit einer schönen Kombination von kleinen Amouse der drei Protagonisten. Gastgeber Florian Stolte schickte eine zarte Tarlette mit einem ätherisch frisch balancierten Taschenkrebs. Stefan Heilemanns Klassiker Entenhaut, Lebercreme und Spitzkohl ist kross, intensiv und passt fabelhaft zum Champagner. Genau wie Christian Kuchlers überraschend spicy abgeschmeckter Taco mit Tatar vom Wasserbüffel.
Chawanmushi und Imperial Caviar ist immer eine gute Kombination. Insbesondere, wenn die Komponenten so gut aufeinander abgestimmt sind, wie in dieser Kreation von Florian Stolte. Die Stabmuscheln geben dem Gericht zusätzliche Tiefe und Eleganz, Dashi und Nuss sorgen für Textur und noch einen weiteren kräftigen Umami Grundton.
Der erste reguläre Gang im Menü stammt dann vom Team um Stefan Heilemann: Thunfisch, Gamba Blancha, Rettich und Dill sind nicht nur optisch eine wunderbare Zusammenstellung. Der Teller ist sehr akkurat gearbeitet und lebt von den vielen kleinen Akzenten, die entweder Textur oder zusätzliches Aroma geben. Eine echte Herausforderung, mit so kleinteiligen Kunstwerken , die bis auf den letzten Platz gefüllten Gasträume im Restaurant 1789 und im Schatzhauser zügig zu versorgen.
Allerdings fand der Event an einem Montagabend statt, die Schwarzwaldstube hatte geschlossen und die Küchenteams konnten sich in den extrem großen und weitläufigen Küchen gut verteilen.
Seezunge, Grüner Spargel und ein Tomka Sud war dann das erste Gericht von Florian Stolte. In seinem Restaurant 1789 widmet er sich den fernöstlichen Küchen in unterschiedlichen Ausprägungen, wie ich am Vorabend erleben konnte. Allerdings immer sehr zart und in vielen Gerichten mit klassischen, meist französischen Kochtechniken. Ein spannender Spagat, der aber im Gesamtkontext des Hauses sehr gut funktioniert. Denn natürlich gilt es bei aller Modernität und Exotik auch die langjährigen Gäste der Traube Tonbach mitzunehmen und zu begeistern.
Über diese Bindung macht man sich hier im Schwarzwald generell viele Gedanken. Das Menü dieses Abends ist so für Hotelgäste mit mindestens vier Übernachtungen kostenlos im Rahmen der Halbpension integriert. Für mich, der nur zwei Nächte blieb, wird ein Gesamtpreis von 178€ inkl. der begleitenden Weine aufgerufen.
Scampi, Auster, Kaviar, Kaffir und Yuzu dann der nächste Gang von Christian Kuchler. Im Gespräche mit den Köchen erfahre ich später, dass die drei in den letzten Jahren zusammen sehr viele Reisen nach Thailand unternommen haben. Diese gemeinsame Präferenz schafft so eine stete Verbindung in der Menüfolge. Dieser Teller überzeugt vor allem durch die Qualität der Produkte, erneut natürlich durch den Kaviar aus Berlin.
Sehr elegant und deutlich weniger asiatisch fällt dann der Farörer Lachs mit Bärlauch, Salzzitrone und Kapern-Escabeche von Stefan Heilemann aus. Die sehr willkommenen ersten Anklänge des Frühlings auf einem Teller.
Während die weniger geübten Esser mit den vorherigen Gängen schon nah an die Kapazitätsgrenzen geführt wurden, bereitet Kuchler mit seinem Team noch einen Paukenschlag vor: Black Angus mit Entenleber, im Tempura Style ausgebacken. Handwerklich beeindruckend und (wenn man nicht gelegentlich in der Taverne zum Schäfli ein und ausgeht) so auch ungesehen.
Das Finale bleibt dann dem Gastgeber vorbehalten. Ivoire Schokolade, Rhabarber, Shisosorbet. Bereits optisch eine unglaubliche Sensation!
Drei Petit Fours beschließen dann den kulinarischen Teil des Abends, bevor sich Gäste und Küchenteams noch gemeinsam mit Familie Finkbeiner auf den ein oder andere Drink zusammen finden.
Im Laufe des Tages hatte ich das Glück bereits die Gerichte des Abends für die schweizerische Presse zu fotografieren, mit den Köchen zu sprechen und die im Artikel integrierten Videos aufzunehmen. Vor allem habe ich gelernt, dass ich an meinen nächsten Ausflug in den Schwarzwald noch einige weitere Kilometer Richtung Süden anhänge und unbedingt die Widder und Schäffli auch in ihrem natürlichen Habitat besuche…