Der kulinarisch interessierte Stockholm-Reisende hat die Qual der Wahl. Abgesehen von der traumhaft schönen Stadt, gilt es gleich eine Vielzahl extrem vielversprechender Restaurants zu besuchen. Für mich standen dabei zunächst die beiden üblichen Verdächtigen ganz oben auf der Liste: Das Frantzén/Lindeberg und das Matsalen von Mathias Dahlgren. Wenn ich nun schreibe, das in beiden Häusern kein Tisch mehr zu bekommen war, könnte dies klingen wie der Anfang einer traurigen Geschichte. Nicht so in Stockholm. Nach weiterer Recherche und Beratung (und einem Tipp von Johan, aus dem Fäviken) habe ich schließlich im Sjögräs reserviert. Praktischerweise in wenigen Schritten von unserer Unterkunft, dem sehr empfehlenswerten Hotel Rival, zu erreichen.
Das Sjögras (unlängst mit dem Bib Gourmand ausgezeichnet) bietet etwa 40 Personen Platz. Dabei sind die Tische rund um eine die offene Küche umschließende Theke gruppiert. Wir hatten das Glück, einen Platz im hinteren, etwas ruhigeren Bereich zu ergattern.
Noch bevor wir unser Menü gewählt haben, erreicht uns dieses kleine Körbchen mit dreierlei Brotsorten: Dark Rye Bread, Sour Dough Bread und Crisp Bread with fennel. Dabei stechen insbesondere die kleinen, dunklen Brote auf der rechten Seite heraus. Leicht, luftig, dabei unheimlich intensiv und mit Anklängen von weihnachtlichen Gewürzen und Lebkuchen. In Verbindung mit der Verneuil Butter ein Traum.
Als Vorspeise habe ich eine Foie gras gewählt, die hier leider auf einem für meinen Geschmack viel zu kleinen und ebenso zu bunten Teller in Verbindung mit knuspriger Haut vom Huhn, kleinen Würfeln vom Schweinebauch und Birne gereicht wurde. Auch wenn man es sich zunächst nicht ganz vorstellen kann, insbesondere die extrem knusprige Geflügelhaut fügt dem Gericht eine Texturkomponente hinzu, die sonst oft bei Foie gras Kombinationen fehlt. Knusprig, intensiv und zusammen mit der süß-sauren Birne richtig rund.
Deutlich lokaler habe ich dann beim Hauptgericht gewählt: Rücken vom Rentierkalb, in Blutcreme, kombiniert mit Nierchen und Rüben. Liest sich wesentlich exotischer, als es schmeckte. Das Fleisch war wunderbar zart und auf dem Punkt, die Sosse machte ihrem Namen tatsächlich alle Ehre, zusammen mit dem frischen Gemüse eine schöne, aber aussergewöhnliche Kombination.
Eine der Spezialitäten des Sjögräs ist die große, angeblich fast vierhundert Sorten umfassende Rum-Kollektion. In dem Dessert Rom och Choklad werden drei Sorten in Kombination mit passender Schokolade zum Tasting gereicht.
Wir hatten einen wunderbaren Abend, nicht zuletzt Dank des sehr freundlichen und dabei angenehm unprätentiösen Service. Eine unbedingte Empfehlung, nicht nur, wenn die Tische in den ganz bekannten Häsuern nicht verfügbar sind…