Kochfreunde.com

Kochfreunde.com ist das kulinarisches Magazin von Oliver Wagner. Hier dreht sich alles rund um die beinahe schönste Sache der Welt: Gutes Essen. Dabei reicht der Fokus von Berichten über spannende Restaurants bis hin zu Rezepten aus der eigenen Küche, Kochbücher und kulinarische Gadgets.

Din Tai Fung , London. Dim Sum vom Fließband müssen nicht schlecht sein.

Mein vierter Besuch in einer der vielen Filialen – und sicher nicht mein letzter.

Normalerweise schreibe ich hier nicht über multinationale Restaurantketten und normalerweise kehre ich in diese bei meinen Reisen auch nicht ein. Einige wenige Ausnahmen ausgenommen. Und ganz vorne auf der Ausnahmeliste steht Din Tai Fung.

Denn auch bei meinem jüngsten Trip nach London steht für den zweiten Tag ein kleines Dim Sum Lunch auf der Liste. Nach Dubai, Shanghai und Tokio die vierte Filiale (von weltweit 170 in vierzehn Ländern. Keine davon in Kontinentaleuropa, bedauerlicherweise), die ich besuchte. Von den drei Adressen in London habe ich mir das vermutlich am wenigsten hübsche Outlet ausgewählt, zu finden in der vierten Etage des Selfridges Kaufhaus in der Oxford Street. Das Kaufhausrestaurants auch anders gehen, erlebte ich am Vorabend im Studio Frantzén nur ein paar Meilen entfernt, im Harrods.

Aber ich bin auch nicht zum Sightseeing hier, sondern um noch schnell vor dem Rückflug einige Dim Sums zu mir zu nehmen. Denn egal wo auf der Welt, die Qualität ist hier immer wieder beeindruckend und weit entfernt von dem, was ich in meiner Heimatstadt bekommen kann. So bestelle ich drei kleine Flights mit unterschiedlichen Klassikern der übersichtlichen Karte.

Los geht es mit Chilli Crab & Pork Xiao Long Bao, Truffle & Prok Xiao Long Bao und Prawn & Pork Shao Mai. Nach meinem noch ganz frischen Eindruck von Xiao Long Baos vom Vorabend im A. Wang merkt man dann eben doch deutliche Unterschiede. Auch im Din Tai Fung werden die Teigtaschen selbstverständlich frisch und per Hand zubereitet. Sie durchlaufen dabei insgesamt sechs Stationen und einen 40-Minuten dauernden Prozess. Die Dumplings werden von deutlich mehr als den mindestens erforderlichen 14 Falten gezeichnet. Der Teig ist aber eben auch deutlich dicker, somit weniger transparent und im Biss fester – im Handling aber auch wesentlich leichter. Und natürlich habe ich mir direkt beim vorsichtigen Biss, um zunächst an die Brühe zu gelangen, die Zunge verbrannt.

Der mit Krebs und Schweinefleisch gefüllte Xiao Long Bao ist trotz des Hinweis auf die Chillis und einer entsprechenden Markierung auf der Karte nur dezent scharf, die Textur der Füllung sehr angenehm, nicht zu kleinteilig gearbeitet und entsprechend sehr gut.

Die Variante mit Schwein und Trüffeln fällt dagegen etwas ab, für 5 Pfund darf man dann auch nicht wirklich viel echten Trüffel erwarten, der Einsatz von Trüffelöl ist somit dann auch nicht überraschend, dennoch natürlich wie immer unwillkommen.

Die Prawn & Pork Shao Mai fallen auch in London aus wie gewohnt: ziemlich gut und auch handwerklich sehr schön, nicht zuletzt durch die oben eingearbeitete Garnele. Statt der zu allen Dim Sum gereichten Sauce aus Ingwer, Soja und Reisessig passt hierzu auch sehr gut eine zusätzlich bestellbare Sauce mit frischem Chilli.

Weiter geht es mit vier „Minced Pork & Glutinous Rice Shao Mai“, die sich vor allem durch ihre überaus feste Struktur deutlich von den anderen Dumplings unterscheiden. Dazu trägt zum einen natürlich der feste Sticky Rice bei, zum anderen aber auch der Teig, der (und hier bin ich mir nicht sicher) vor dem Dämpfen evtl. mit Schweinenetz umwickelt wurde? Zumindest optisch wirkt es so. Sicher bin ich mir jedoch auch hier beim Geschmack, der ist erneut hoch aromatisch und vermutlich die beste Wahl bei meinem Lunch. Und gleichzeitig die einzige echte Neuentdeckung für mich auf der Karte.

Natürlich musste ich auch aus dem veganen Bereich noch eine Zubereitung probieren: Vegetable Jiao Zi. Der Form nach handelt es sich hier um Gyōza, mit relativ dickem und leicht mehligem Teig. Die Füllung fällt (insbesondere nach den zuvor genossenen Schweinetaschen) dann auch etwas ab. Allerdings gilt auch hier, dass alle Komponenten (vorwiegend Brokkoli) zwar fein geschnitten, aber eben nicht gemixt oder gar püriert sind.

Die Rechnung für immerhin fünf unterschiedliche Dim Sum und zwei Gläsern Riesling liegt bei rund 95€ – darin eingeschlossen eine nun wieder umfassende Nachjustierung meines Gaumens für die Vielfältigkeit und Präzision, in der Xiao Long Bao, Shao Mai und Jiao Zi hier quasi am Fließband zubereitet werden.

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