Natürlich stehen für mich die kulinarischen Aspekte zunächst im Vordergrund. Dazu zählt für mich aber auch, ein Gefühl für die Aufzucht des Fisches zu gewinnen. Wie lebt es sich in so einer Marikultur – und was genau ist das eigentlich? Diese Frage wurde nach einem ausgiebigen Hubschrauberflug beantwortet, der uns aus der Hauptstadt Panama City an die Karibikküste des Landes führte. Kilometerweit über dschungelbewachsene sanfte Hügel, vorbei an Flussläufen, die dieser Tage wenig Wasser führen, über Indianerdörfer, die heute als durchaus umstrittene Touristenattraktionen betrieben werden. Und natürlich kreuzten wir auch den Panamakanal, Wahrzeichen Panamas und für das Land in jeder Hinsicht prägende Errungenschaft der hohen Ingenieurtechnik des vorigen Jahrhunderts.
Die panamesische Küste ist wunderbar. In weiten Teilen naturbelassen. Helle Strände, Palmen, weiße Gischt auf den sich brechenden Wellen am Ufer. Etwa 12 Kilometer vor dieser Küste liegen die großen Netze im offenen Meer, fest vertäut an Bojen, drehbar um fast jede Achse. In diesen Netzen schwimmen die Fische. Und da die Strömung an dieser Stelle sehr stark ist, schwimmen sie nicht nur sprichwörtlich vor sich hin, sondern auch permanent gegen die Bewegung des Wassers. „They never see the water twice“ war eine der wesentlichen Erklärungen von Brian O’Hanlon, dem Gründer von Open Blue, der uns auf diesem Ausflug begleitete. Das ist eindrucksvoll und vor allem ein riesiger Unterschied zu fast allen anderen derzeit praktizierten Formen von Aquakulturen. Der Fisch kann hier in seinem angestammten Umfeld vor sich hin wachsen und ist den Gezeiten und der Kraft des Meeres ausgesetzt. Natürlich, er ist dabei gefangen im Netz. Dieses Schicksal würde er so vermutlich nicht freiwillig wählen. Den Angelhaken allerdings auch nicht. Angelockt von dem großen Schwarm der Fische im Netz sind rundherum viele Haie heimisch geworden. Auch in freier Wildbahn begleiten sie in symbiotischer Fischunion die wildlebende Cobiaverbände.
Doch nochmal ein paar Schritte zurück ans panamesische Festland. Denn genau dorthin führte uns der weitere Teil des Ausflugs im Heilkopter. Die Marikultur ist nur ein Aspekt der großen Zuchtanlage von Open Blue. Die ersten Monate wachsen die Fisch noch an Land auf, in der Hatchery, also der großen Brutstätte. Das Verfahren, das hier zum Einsatz kommt, wurde an der Universität in Miami entwickelt. Ein hochkomplexes Unterfangen, dass die Fische unter nahezu authentischen Bedingungen aufwachsen lässt. Basins mit unterschiedlichen Temperaturen erzeugen bei den Fischen das Gefühl wechselnder Jahreszeiten. Die Besatzdichte wird mit zunehmendem Alter der Tiere immer geringer gehalten. Man hat das Gefühl, das hier nichts dem Zufall überlassen wird. Selbst die richtige Temperatur des Futters ist ausschlaggebend für die ideale Aufnahme der Nährstoffe bei den jungen Fischen. Denn natürlich sollen diese schnell wachsen und hinaus in die offene See.Die Summe der Innovationen, mit denen Open Blue die Aufzucht des Cobia betreibt, ist in dieser Form einzigartig. Es handelt sich tatsächlich hierbei um nichts geringeres, als die modernste und ausgereifteste Marikultur der Welt. In vielen Gesprächen sowohl mit dem Gründer, als auch mit dem Investor hinter der Company wird klar, wir groß das Potenzial ist und wie relevant in der heutigen Zeit Überlegungen zur nachhaltigen Produktion von Fisch sind. Auf der einen Seite droht uns die Gefahr einer Überfischung der Weltmeere, auf der anderen Seite werden wir in künftigen Jahrzehnten mit einer weiter drastisch steigenden Weltbevölkerung konfrontiert. Es ist vollkommen unklar, wie in Zukunft eine proteinreiche Versorgung von Milliarden von Menschen sichergestellt werden soll. Open Blue skizziert hier nicht nur eine Option, wie in den kommenden Jahrzehnten nachhaltig Fisch produziert werden kann, sondern zeigt direkt deren Umsetzung. Wobei der Fokus in der Aufzucht des Cobia nicht der Quantität, sondern viel eher der Qualität gilt.
Derzeit sind die Produktionsmengen entsprechend übersichtlich. Ein typischer Fisch, der in einem Alter von 16 Monaten die Marikultur verlässt, hat ein Gewicht von gut fünf Kilo. Von der Küste Panamas aus werden die Fische nach Panama City transportiert und für den Versand in alle Welt vorbereitet. Derzeit primär in die USA, nach Japan, England, Italien und Deutschland.
Je nach Anforderungen der Importmärkte wird der Fisch in unterschiedliche Cuts zerteilt und anschließend per Luftfracht ausgeliefert. Die Produktionsstätte wirkt überraschend klein und gleichzeitig überraschend professionell und den üblichen internationalen Hygienestandards entsprechend. Man mag im folgenden Bild einen Eindruck der Anforderungen gewinnen.
Der Weg nach Europa führt im Augenblick noch zentral über Amsterdam, für die kommenden Monate ist aber auch die Etablierung eines direkten Versandweges nach Deutschland geplant. In den deutschen Geschäften, beispielsweise im Frischeparadies, ist der Cobia dann etwa drei bis vier Tage nach dem Fang verfügbar.
Im zweiten Teil meines Reiseberichtes nehme ich Euch in den kommenden Tagen mit in die Küche, zeige einige Tipps & Tricks in der Zubereitung von Cobia und ein paar typische Gerichte, die wir in Panama verkostet haben.
Ein paar meiner Rezepte mit dem Fisch aus Südamerika findet ihr hier: Cobia in zwei Varianten, unbedingt lesenswert ist auch das Rezept zum Cobia in Dashi bei der Seelenschmeichelei.
Das war eine sehr spannende und erkenntnisreiche Reise. Mein Dank gilt Open Blue und dem Frischeparadies für die Einladung nach Panama und Gourmet Connection für die großartige Organisation.