Kevin Fehling ist ein absolutes Ausnahmetalent. Seine subtilen und filigranen Kreationen tragen eine einzigartige, über die Jahre stetig weiter perfektionierte individuelle Handschrift. Mit Prodigy erscheint in diesem Herbst eine Werkschau seiner Arbeiten. Thomas Ruhl setzt die Gerichte gewohnt professionell ins rechte Licht und verschafft dem Leser gleichermaßen einen privaten Blick hinter die Kulissen des mit drei Sternen ausgezeichneten Belle Epoque in Travemünde.
Fehlings Entwicklung ist beeindruckend. In nur wenigen Jahren kochte er sich souverän an die internationale Spitze. Bereits 2008, nach nur drei Jahren in Travemünde, verlieh der Guide Michelin zunächst einen Stern, schnell gefolgt vom zweiten und seit 2013 ist Kevin Fehling Deutschlands jüngster Drei-Sterne-Koch. Und der nördlichste der Welt außerdem. Seine handwerklichen Fähigkeiten gelten als perfekt und der Stil seiner aufgeschlossenen und international verankerten Küche ist unverkennbar. Originell und lupenrein arbeitet er seine Ideen aus.
Prodigy präsentiert sich weit weniger als praktikables Kochbuch, sondern vielmehr als eine Dokumentation der aktuellen Entwicklung von Kevin Fehling und erlaubt anhand von 65 Gerichten aus den letzten 18 Monaten den spannenden Blick auf die Philosophie und Komplexität der modernen (Drei-)Sterne-Küche.Erfreulicherweise finden sich detaillierte Beschreibungen einiger Klassiker des Belle Epoque, die ich bei meinem letzten Besuch vor Ort kennen gelernt habe. Eine komplexe, fordernde Kulinarik, die nicht nur zum Genießen, sondern eben auch zur Diskussion und teilweise zur Entschlüsselung der dahinterliegenden Gedanken anregt. Dankenswerterweise hilft das Buch eben genau bei dieser Decodierung, gibt Anleitungen und erzählt die ein oder andere kleine Anekdote.
Man merkt dem Layout an, dass Teil des Briefings war, die Modernität und Avantgarde Fehlings in das Buch zu übertragen. Das ist gut gemeint, leider nicht wirklich gut gemacht. Insbesondere die Typografie wirkt bemüht ohne dabei gut lesbar zu sein, dem Mittelachsensatz ist schwer zu folgen, die Headlines wirken durch die extrem unterschiedliche Spationierung eher fehlerhaft denn gekonnt. Gleichzeitig ist es aber auch eine schöne Metapher die zeigt, dass Streben nach Avantgarde eben nur möglich ist, wenn man das Handwerk perfekt beherrscht.Das ist allerdings nur ein Hauch von Kritik, denn es geht mir bei diesem Werk nicht um die Typografie und das Layout, viel mehr um die Inhalte. Und die sind auf dem Punkt. Zudem entschädigen die vielen hervorragenden, bewusst reduziert inszenierten Fotos von Thomas Ruhl.
- Fehling, Kevin (Autor)