Elegant, luxuriös, teuer, anspruchsvoll, modern, rustikal, bürgerlich, preiswert. So wird gerne Wolfram Siebeck zitiert, verlangt es nach einer schnellen aber präzisen Beschreibung des Landhaus Scherrer. Nach Siebecks Worten steht es damit quasi als Inbegriff für alles, was Hamburgs Gastronomie erfolgreich und zugleich umstritten machte.
Seit nunmehr 30 Jahren leitet Heinz Otto Wehmann die Küche des Hauses und führt das Unternehmen gemeinsam mit Emmi Scherrer. Ein Haus mit Tradition also, in dem bereits viele erfolgreiche und bekannte Köche Station gemacht haben – und in der letzten Woche auch endlich wir.
Für die letzten Tage des Hamburger Schlemmersommers haben wir einen Tisch reserviert und uns für das viergängige Bio-Menü entschieden (29,- € pro Person zzgl. optionaler Weinbegleitung für 36,50 €). Ein hervorragendes Angebot, bedenkt man, dass die Menüs hier üblicherweise deutlich mehr Gänge aufweisen, preislich deswegen aber auch über der 100€ Marke angesiedelt sind.
Selten habe ich so vorschnell ein Urteil gefällt, selten so falsch. Das Ambiente, der Service, selbst die Karte, Tische und Platzteller, alles fand ich leicht antiquiert, ein wenig aus der Mode gekommen vielleicht.
Wir starteten in den kulinarischen Teil des Abends mit einem Bio-Tomaten Gruß á la Wehmann. Dreierlei von der Tomate also. Was zunächst wenig spektakulär klingt, erwies sich als aussergewöhnlich lecker. Klar definierte Aromen, handwerklich hervorragend zubereitet, ein guter und sommerlicher Auftakt.
Im Anschluß wurde ein hausgebeizter St. Patrick Bio-Lachs serviert, dazu ein kleiner grüner Salat mit exzellentem Dressing sowie einem kleinen Tatar vom Lachs und eine frittierte Praline vom Lachs.
Das Highlight des Abends, die Krosse Vierländer Ente mit Bio Gemüse, wurde vom Heinz Wehmann persönlich serviert.
Und spätestens jetzt war ich begeistert vom Landhaus Scherer. Alles was eingangs antiquiert und leicht aus der Mode gekommen wirkte, macht Sinn. Es hat sich vermutlich nicht viel geändert in den letzten 20 Jahren. Aber das muss es auch gar nicht unbedingt. Im Gegenteil, vielleicht macht genau das auch den Reiz aus, die Beibehaltung des eigenen Standards, der Konsequente Blick auf Qualität und auf Langfirstigkeit statt der Reaktion auf kurzlebige Trends.
Zumindest waren dies einige flüchtige Gedankengänge, während ich über die fantastische Ente sinnierte, die gebettet auf frischem Gemüse, umspielt von einer leichten Sauce und kombiniert mit zwei süßen Kirschen vor uns lag.
Auch das kleine Dessert, eine Crème brûlée mit Knusperboden und marinierten Bio-Früchten war hervorragend.
Der Besuch im Landhaus Scherrer hat zweierlei gezeigt: Zum einen ist es eben doch möglich, ein sehr gutes und eindeutig als Empfehlung und Visitenkarte für das jeweilige Haus sprechendes und individuelles Degustationsmenü anzubieten. Begeistert von der klaren und gradlinigen Küche Heinz Wehmanns, werden wir die rund 800m Fußmarsch bis zur Elbchaussee sicher demnächst erneut laufen, dann allerdings mit der Aussicht auf eins der größeren Menüs des Hauses.
Meine Erkenntnis des Abends, dass das Festhalten an lange gehegten Traditionen und den eigenen Standards absolut sinnvoll sein kann, gilt allerdings nicht wirklich für die Tradition der Platzteller im Landhaus Scherrer…
Landhaus Scherrer
Elbchaussee 130
22763 Hamburg
Tel.: 040 – 883070030
E-Mail: info@landhausscherrer.de