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Akres, Lindos/Rhodos

Zeitgenössisches Fine Dining mit Wurzeln in Lindos

Im Herzen von Lindos, unterhalb der antiken Akropolis, hat sich das Restaurant Akres der Neuinterpretation der griechischer Küche verschrieben. Momentan gehört es für mich zu meinen absoluten Lieblingsrestaurnts in Griechenland. Mit einem postmodernen und sehr reduziertem Gestaltungsansatz bringt Akres die kulinarische Tradition der Dodekanes-Inseln in die Gegenwart: respektvoll, raffiniert und modern. Lindos ist einer der schönen Orte auf Rhodos und auch die Akropolis unbedingt einen Besuch wert (gerne in den frühen Abendstunden, wenn die großen Touristenscharen wieder zurück in den Hotels und auf den Kreuzfahrtschiffen sind – dann ist es hier oben malerisch still und menschenleer).

Sollte der Aufstieg zu anstrengend sein, bietet die Dachterasse im Akres einen tollen Blick auf die Burgruine. Die Ambitionen im Restaurant sind klar zu erkennen, hier sollen international relevante Auszeichnungen erreicht werden. Michelin-Sterne werden derzeit außerhalb Athens nicht vergeben – sollte sich das ändern, wäre man hier bereits bestens gewappnet.

Während wir in vielen Restaurants auf der Insel extrem freundlichen Service erlebt haben, zeigt das gesamte Team im Akres, dass man hier noch einige Schritte weiter, professioneller und gleichzeitig entspannter ist. Das beginnt schon bei der Ankunft im Gastraum im Erdgeschoss: Sofort wird ein Glas Champagne eingeschenkt, an der Küchenfront wird direkt der erste Snack gereicht und erst danach geleitet uns die Restaurantleiterin an unseren Tisch auf der Dachterasse.

 

Snack in der Küche: Tatar von der Garnele.

Was tief verwurzelt ist, darf neu gedacht werden: Das ist das Credo von Küchenchef und Team. Hier treffen Schätze aus dem Meer auf die reiche Ernte der Erde, verbunden durch kreative Aromatik und eine feine stilistische Handschrift. Die Teller muten teilweise etwas mutig an, bleiben aber stets in Balance und sind vor allem eine ganz besondere Ausnahme neben den zahllose Tavernen und Restaurants der Insel, die sich der „klassischen“ griechischen Küche etwas rustikalerer Gangart verschrieben haben.

Der Ort selbst steht dem kulinarischen Anspruch in nichts nach: Lindos, ein unter Denkmalschutz stehendes Fischerdorf, einst Heimat des Philosophen Kleobulos, verwebt Geschichte, Schönheit und Atmosphäre zu einer fast mythischen Kulisse. Akres versteht es, diese Umgebung mit geschmackvoller Ästhetik und echter Gastfreundschaft aufzugreifen.

Zur Auswahl stehen neben einigen kleinen Snacks und à la carte Optionen auch vier Tasting-Menüs, darunter natürlich auch eine vegetarische Variante. An diesem Abend habe ich mich für das Fauna-Menü entschieden, ergänzt um einen zusätzlichen Gang zum Auftakt.

Fish Ceviche „Marinato“, von mir zusätzlich ins Menü gewählt, ist eine optisch sehr ansprechende Variation vom Ceviche. Säure und Schärfe sind eher zurückgenommen, der Fisch wird ergänzt durch Tomatenkerne, knusprigen Weizen, grünes Erbsenpüree, Estragon, Makrelenkaviar und einen leichten Joghurt-Schaum.

Auf der anderen Seite des Tisches fiel die Wahl auf das rein vegetarische Menü. Zum Auftakt geht es hier los mit einer sehr knusprigen Variation der typischen rhodischen Pita , gefüllt mit Horta, einem traditionellen Salat aus schonend gegartem Wildgemüse oder kultivierten Blattgrün wie Löwenzahn, Mangold oder wildem Spinat. In Griechenland wird er meist lauwarm oder kalt serviert, mit bestem Olivenöl und frischem Zitronensaft verfeinert, daneben geröstete Zwiebel und eine Kräutersauce.

Der offizielle Start ins Menü ist ein Beef Tartar „Giapraki“, also ein klassisches Rindertatar mit Velouté aus Weinblättern, einer knusprigen Reiswaffel und 24 Stunden gereiftem Joghurt. Das ist gut, bleibt allerdings hinter dem texturell vergleichbaren Ceviche zurück, das ein viel spannenderes Spiel aus unterschiedlichen Komponenten, mehr Crunch und Vielfalt bietet. Die Weinblatt-Velouté und der hausgemachte Joghurt setzen schöne lokale Akzente.

Am meisten beindruckt hat dann allerdings Pilze „Manites“: Eine Variation wilder Pilze: „Koukoumaria“, Pfifferlinge und „Pitia“ auf Pilzragout und aromatisierter Erde. Vielleicht das beste reine „Pilzgericht“, das mir bislang untergekommen ist. Zum einen aufgrund der extrem tiefen und intensiven Umami Note, zum anderen aufgrund der handwerklich sehr aufwändigen Komponenten. Der vermeintliche schwarze Trüffel entpuppt sich als Falaffel, allerdings aus Pilzen gearbeitet und in einem schwarzen Teig ausfrittiert. Die aromatisierte Erde ist eher ein Ragout, die Pilze dabei zusammen mit gehackten Walnüssen sehr lange und kräftig geröstet. Wahnsinnig gut!

Im vegetarischen Menü folgt parallel Bostani, ein sehr hübscher Teller mit gebackeren Aubergine, viel saisonalemGemüse, Tsipouro, Miso, Pinienkern und Tomate.

Das Lamm „Kiapapi“, also eine Lamm-Picanha mit karamellisierten „Xerohimisi“-Zwiebeln, Kartoffeln mit Staka-Butter und Kreuzkümmelsauce ist ebenfalls sehr gut und vereint die klassischen intensiven griechischen Grillaromen.

„Melekouni“ ist die Interpretation des traditionellen rhodischen Desserts mit Sesam, Bittermandel, kandierter Orange, Hibiskus und Pollen-Eis. Überraschend gut!

Im Akres hatte man im Laufe des Abends mitbekommen, dass es an unserem Tisch etwas zu feiern gab – ein kleiner feiner Kuchen schließt dann langsam den Abend, die Sonne ist mittlerweile lange untergegangen und die die Akropolis umschließende Burg ist dezent beleuchtet. Im Restaurant wird gefilmt, fotografiert und schnell die ein oder andere Story gepostet. Es scheint sich um einen bei Content Creators besonders beliebtes Restaurant zu handeln. Verdenken kann man es ihnen nicht…

Akres, Lindos
www.akreslindos.com

 

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