Kaum einen besseren Termin hätten wir uns für den ersten Besuch im Piment aussuchen können: Wahabi Nouri wurde gerade erneut vom Gault Millau mit 18 Punkten bedacht und damit, gemeinsam mit dem Haerlin, an die Spitze der Hamburger Gastronomie gewählt. Zudem war es mein Geburtstag.
Das kleine Restaurant in Eppendorf stand schon lange ganz weit oben auf meiner kulinarischen Wunschliste. Nouri hat seine Ausbildung bei einigen der schillerndsten Namen der deutschen Szene absolviert, zum Beispiel arbeitete er mit Roy Petermann, Eckart Witzigmann und Harald Wohlfahrt, bevor er 2001 sein eigenes Restaurant öffnete. Das Piment wurde bereits kurze Zeit nach seiner Eröffnung mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.
Wir haben uns von Hicham Khabbaz, der den Service sehr freundlich und persönlich gestaltet, beraten lassen und uns für das klassische Nouri Menü (7 Gänge € 98,-) sowie ein fleischfreies Überraschungsmenü entschieden.
Den Auftakt bildeten zunächst zwei wunderbare Amuse-Gueules, bevor auf meiner Seite des Tisches das eigentliche Menü mit einem Zylinder von der Gänseleber begann.
Süsskartoffelcreme – Rindertatar – Mais a la Chili con carne
Nicht nur optisch, sondern auch sensorisch und vor allem geschmacklich ein furioser Einstieg, in dem sich direkt das so viel gelobte orientalische Spiel der Gewürze entfalten konnte, bei diesem Gang ergänzt durch viele fruchtige Impulse. Wunderbar. Lediglich die leichte Gelatine rund um die Foie gras lenkte etwas von dem eigentlich wunderbaren Produkt ab, bei dieser Form der Präsentation ist diese aber vermutlich nicht verzichtbar. Gegenüber gab es zum Auftakt eine Variation von der Topinambur.
Wo könnte man ein besseres Couscous erwarten als hier im Piment. Wunderbar gradlinig, mit leichten Anklängen von Zitrone und natürlich Ras el-Hanout.
Vielleicht das beste Wildgericht, das ich in den letzten Monaten gegessen habe. Genaugenommen kann ich mich nicht erinnern, jemals ein besseres gegessen zu haben. Perfektes, zartes Reh, mit leichten Röstaromen, dazu ein intensiver Rotkohl, serviert als kleiner, leicht gebundener Zylinder. Dazu eine Vielzahl exzellent komponierter Aromen auf dem Teller, die sich immer wieder zu neuen und intensiven Geschmacksexplosionen zusammen setzen ließen. Perfekt.
Ein toller, gut gereifter und intensiver Käse, dazu warmes und duftendes Früchtebrot: Mehr braucht kein Käsegang.
Beide Desserts konnten mit den fabelhaften Gängen davor mithalten und bescherten jeweils viel Freude, komplexe Aromen und ein tolles Spiel zwischen Texturen und Temperaturen.
Das Piment ist ein Kleinod in Hamburg und für mich eine der persönlichen kulinarischen Entdeckungen der letzten Monate. Sowohl das Spiel der Aromen, die starken und stets präsenten Anklänge an die orientalische Küche, aber auch das nahezu perfekte Handwerk und die Präsentation der Gerichte suchen ihres Gleichen. All das in einer angenehmen, familiären und sehr ruhigen Atmosphäre. Toll.
Im übrigen sei an dieser Stelle auch das aktuelle Buch von Wahabi Nouri erwähnt, das seit einigen Wochen erhältlich ist und eine wunderbare Einstimmung auf ein Dinner im Piment ist.
In seinem ersten Kochbuch ist es Nouri gelungen, eine Brücke zu schlagen zwischen der klassischen französischen Haute Cuisine und der ganz ursprünglichen orientalischen Länderküche. So reicht das Spektrum des Buches von Lammrücken mit gefüllter Artischocke und Pommes Maximes bis zu einer Tajine vom Sot l‘y Laisse, aber auch eine Interpretation der Kalbscurrywurst oder einer Tarte Tatin. Neben zahlreichen klassischen Grundrezepturen finden sich auch Rezepte für marokkanische Elemente wie Gebeizte Zitrone, Charmoula oder Couscous. Einen ganz eigenen Reiz strahlen die Fotos von Klaus Arras aus, viele der Bilder sind vor Ort in Marokko entstanden.