Derzeit serviert das Noma in Kopenhagen wieder die Seafood Season. Und seit Februar 2019 ist es wieder im Ranking des Guide Michelin verzeichnet – erneut mit zwei Sternen. Aus meiner Sicht ist das weiterhin eine Unterbewertung. Denn das Noma setzt auch in seiner neuen Location Maßstäbe – nicht nur für die nordische Küche, übrigens. Vor dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten im Stadtteil Christiana hatte es für lange 20 Monate geschlossen. Seit Anfang 2018 werden drei unterschiedliche Menüs über den Verlauf des Jahres angeboten. Ich habe mir damals das Seafood Menü angesehen, grund genug einen Blick zurück auf ein außergewöhnliches Konzept zu werfen.
Kopenhagen ist ohnehin und immer eine Reise wert. Und das neue Noma erst recht. Mein Aufenthalt in der dänischen Hauptstadt hat bei diesem Besuch exakt viereinhalb Stunden gedauert – und selbst zum Lunch war das ziemlich knapp. Aber auch extrem lohnenswert.
Im Noma 2.0 fühlt man sich in dem Moment, in dem man das Taxi verlässt sofort in einer Parallelwelt. Einer nahezu perfekten. Vor dem langen Zugang zum Restaurant wird der Gast noch an der Auffahrt persönlich begrüßt und entlang der vielen neuen Gebäude zum Haupthaus geführt. Wie ein kleines Dorf ist das neue Areal am Wasser angelegt. Kleine Gebäude stehen nebeneinander, gehen ineinander über oder sind durch gläsern überdachte Gänge miteinander verbunden. Tritt man in das Hauptgebäude, wird man vom Küchen- und Serviceteam begrüßt. Am Eingang. Jeder Gast. Logistisch ist das sicher ein Albtraum, denn eigentlich jetzt ist in allen Bereichen des Restaurants wahnsinnig viel zu tun und eigentlich gar keine Zeit für derlei Aufwände – es ist aber das perfekte Willkommen und lockert sofort die gesamte Atmosphäre auf.
Der Gastraum ist hell, hölzern und zu zwei Seiten bodentief verglast mit Blick auf die Nebengebäude und das Wasser. Gleichzeitig ist alles sehr casual, sehr locker, an den zehn Tischen wird viel gelacht, getrunken und genossen. Alleine diese Stimmung ist schon den Besuch wert. Natürlich mag das variieren, aber diese ausgelassen gute Laune und die allgegenwärtige Freude auf dieses besondere Menü war an vielen Tischen zu beobachten. An unserem vor allem. Ich war mit einer Gruppe von Foodie-Freunden aus England, Kalifornien und Israel zum Lunch verabredet.
Von den meisten Tischen aus ist ein Teil der Küche direkt einsichtig, in dem viele der Gänge des Tages zubereitet oder finalisiert werden. Zunächst staunt man nicht schlecht über das sehr große Team, das innerhalb der Küche und im Service hochprofessionell, konzentriert und ruhig werkelt und sich um die Gäste kümmert. Im Grund ist das aber nur ein ganz kleiner Teil der Mannschaft, denn in den sich anschließenden Gebäudeteilen sind weitere Küchen, Labore, Ruhezonen für das Team, Lager, Schlachterei, Office, Dokumentation, Bibliothek und weitere Spezialbereiche untergebracht.
All das ist mit normalen wirtschaftlichen Maßstäbe nicht mehr zu messen und kaum nachvollziehbar. Aber auch in dieser Hinsicht war das Noma immer schon anders aufgestellt. Letztlich bin ich aber auch nicht hier um mir einen Eindruck der betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verschaffen, sondern um die Seafood-Season zu erleben.
Es ist die Summe aus vielen Details, die das Noma auch weiterhin zu einer der spannendsten kulinarischen Destinationen macht. Natürlich spielt die einzigartige Location eine tragende Rolle, dann das freundliche und lockere, aber gleichzeitig hochprofessionelle Team. Vor allem sind es aber die Gerichte, die mich begeistern. Alles wirkt einfach und stimmig, das Produkt steht jeweils im Zentrum. Wobei einige Gänge das Produkt stark verfremden, verändern oder in ganz neue Formen der Zubereitung bringen. Das Menü ändert sich drei Mal im Jahr: Seafood Season (Januar bis Juni), Vegetable Season (Juni – September) und Game & Forest Season (Oktober – Dezember).
Mein nächster Ausflug wird der Wild & Wald Season gewidmet sein – ich bin gespannt…
noma
Refshalevej 96
1432 Copenhagen K
Webseite: https://noma.dk
E-Mail: noma@noma.dk
Telefon: +45 3296 329